Edel-Mode und Show-Cooking
Es war ein ungewöhnlicher Willkommenssatz an seine 2000 geladenen Gäste, der aber ziemlich genau deren Stimmungslage traf. „Ist nach nicht ein starkes Gebäude?“, fragte Matthias Böning, Vorstandsvorsitzender von Mfi, bei der Feier zur Eröffnung der Höfe am Brühl in Leipzig.
Stimmt. Sagt schon ungefragt der Taxifahrer auf dem Weg vom Flughafen, der gleich um 6 Uhr am nächsten Morgen eine Waschmaschine zum Eröffnungspreis im Media Markt kaufen will. Sagen durch die Bank die Leipziger Lokalpolitiker – die erst skeptisch waren angesichts des Großprojekts an historischer Stelle. Und Oberbürgermeister Burkhard Jung? Sagt bei seiner Eröffnungsrede erst mal nur: „Boah ey.“ Und später dann: „Das ist wirklich sehr edel geworden. Ich bin sicher, dass die Höfe ein großer Erfolg werden.“ Was alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist. Denn anders als in Mönchengladbach, wo Mfi gerade etwas Ähnliches baut, gibt es in Leipzig in der Innenstadt schon etliche Shopping-Center unterschiedlichster Größe und Qualität. So eines wie die Höfe am Brühl allerdings noch nicht. Glasdecken bis zu 30 Meter Höhe, eine Wasserwand vom Erd- bis ins Obergeschoss, Bodenintarsien in Gold, Silber und Bronze, große Displays, die an die Videowände in Fußballstadien erinnern, ein virtuelles Riesenaquarium für Kinder, raffinierte Lichtprojektionen – die Höfe am Brühl sind keine schnöde Mall mit langweiligen Endlosgängen, so wie früher Shopping-Center gebaut wurden, sondern ein echter Hingucker. Das 350 Meter lange Gebäude mit einer Bruttogeschossfläche von 111 000 Quadratmetern und einer reinen Verkaufsfläche von 27 500 Quadratmetern ist in vier Teile unterteilt. Jeder einzelne dieser Höfe richtet sich an einen Einkaufstyp. So gibt es für die High-Tech-Generation nicht nur Elektronisches, sondern in unmittelbarer Nachbarschaft auch Trend-Klamotten und Entertainment. Gediegener ist der Bereich für die Best Ager. Hier reihen sich die Markenläden aneinander. Und von denen gibt es einige. Die exquisite Schuhkette Zumnorde, Juwelier Kraemer, Brax, Lascana oder Tommy Hilfiger etwa. Die beiden letzteren waren bisher nicht in Leipzig mit eigenen Shops vertreten. Sechs Läden, darunter der Outdoor-Spezialist Northland, feiern in den Höfen ihre Sachsen-Premiere. Zum ersten Mal in den neuen Bundesländern gibt es einen Bose- und einen Hallhuber-Laden. Und gar zum ersten Mal in Deutschland gibt es Herrenmode von Lufian, Trend-Kleidung von Alcott und Kosmetik von Flormar. Dazu kommen bekannte Ketten wie New Yorker mit einem Riesenshop, Marc O’Polo, Wellensteyn, Reno, Apollo, DM, der Bio-Supermarkt Denn, Edeka und im Untergeschoss etliches Gastronomisches bis zu Show-Cooking.
Zwar ist die Situation in Leipzig eine ganz eigene. Alleine schon wegen der historischen Dimension des Ortes. An den Stellen der Höfe stand außer drei Plattenbauten (in denen einst die Gleicheren der Gleichen Wohnungen bekamen) das größte Kaufhaus der DDR, vor dem 1989 die Massen „Wir sind das Volk“ skandierten. Die markante Aluminium-Fassade, die den Volksmund das Haus „Blechbüchse“ nennen ließ, ist denkmalgeschützt und wurde von Mfi abgetragen, gereinigt und nun wieder als Außenfassade verwendet.
Und doch lässt sich weniger von den Namen als vom Branchenmix auf das schließen, was Mfi in Gladbach vorhat. Auch hier will der Betreiber der Arcaden, so wurde in Leipzig nochmals versichert, auf Qualität des Baus, aber auch des Angebots in den Shops setzen. Sollte dies halbwegs so gelingen wie in Leipzig, haben die Gladbacher allen Grund zur Vorfreude. Bei der Feier zur Eröffnung hatten die Geschäfte am Montagabend schon mal zwei Stunden zum Flanieren auf. Nach 22 Uhr mussten etliche der 2000 geladenen Gäste mehrmals darauf hingewiesen werden, dass nun abgesperrt wird. Sie zogen langsam von dannen – und mit vollen Tüten.
Quelle: Rheinische Post, 26.9.2012